Die Bedeutung der Autoantikörper-Diagnostik bei renalen Erkrankungen

Autoimmune Nierenerkrankungen können entweder direkt durch Antikörper gegen renale Proteine ausgelöst werden, wie zum Beispiel bei der primären membranösen Nephropathie (pMN) oder dem Goodpasture-Syndrom, oder sekundär auftreten, als Auswirkung systemischer Autoimmunerkrankungen wie Vaskulitis oder systemischer Lupus erythematosus (SLE). In beiden Fällen spielt der Nachweis spezifischer Autoantikörper im Serum eine entscheidende Rolle für die Diagnostik und Überwachung der Krankheit.

Organ-spezifische Autoantikörper bei der primären membranösen Nephropathie

Bei der membranösen Nephropathie führt die Bildung von Immunkomplexen entlang der glomerulären Basalmembran zur Schädigung der Nierenkörperchen und damit zur Störung der renalen Filterfunktion. Es kommt zur Proteinurie, häufig in Kombination mit Hypoproteinämie, Hyperlipoproteinämie und Ödembildung (nephrotisches Syndrom). In der Mehrzahl der Fälle tritt die membranöse Nephropathie idiopathisch auf (primäre Form, pMN), in 20-30% der Patienten liegt der glomerulären Schädigung eine andere Erkrankung zu Grunde (sekundäre Form). Antikörper gegen den Phospholipase-A2-Rezeptor (Anti-PLA2R-Antikörper), der auf der Zellmembran der Podozyten exprimiert wird, sind hochspezifisch für die pMN und im Serum von durchschnittlich 75% der Patienten nachweisbar. Zwei standardisierte Testsysteme stehen dafür derzeit zur Verfügung, die für die Diagnostik der pMN zugelassen sind: Ein Immunfluoreszenztest (IFT), der auf rekombinanten Zellen basiert, die PLA2R heterolog exprimieren, und ein ELISA. Neben ihrer Verwendung in der Differentialdiagnostik und der Unterscheidung der primären und sekundären Form der Nephropathie ermöglicht die quantitative Bestimmung des Anti-PLA2R-Antikörpertiters die Beurteilung der Krankheitsaktivität. Je höher die Antikörperkonzentration, desto schwerer ist oftmals die Erkrankung und desto schlechter sind die Chancen für eine spontane oder Therapie-induzierte Remission innerhalb des ersten Behandlungsjahres. Studien zu Anti-PLA2R-Antikörpern und den Einsatzmöglichkeiten der Testsysteme wurden bereits in einem früheren Beitrag vorgestellt.

Ganz neu ist die Beschreibung des Thrombospondin Type-1 Domain-containing 7A (THSD7A) als zweites sehr spezifisches Zielantigen in etwa 2,5 – 5% der pMN-Patienten. Interessanterweise wurden Antikörper gegen THSD7A ausschließlich in Anti-PLA2R negativen Patienten gefunden. Damit scheinen die Autoantikörper verschiedene Subklassen der pMN zu charakterisieren. Signifikante Unterschiede zwischen den Anti-PLA2R- und den Anti-THSD7A-positiven Patientengruppen konnten jedoch, abgesehen von einem erhöhten Frauenanteil in der Anti-THSD7A-positiven Kohorte, nicht festgestellt werden.

Hochspezifischer Marker für Goodpasture-Syndrom: Anti-GBM-Antikörper

Das relevante Zielantigen der Antikörper gegen die glomeruläre Basalmembran (GBM) ist die nicht-kollagenöse 1 (NC1) Domäne der Kollagen Typ IV Alpha-3-Kette. Das Protein wird vor allem in der Lunge und der Niere exprimiert, weshalb sich die Symptome des Goodpasture-Syndroms – progessive Glomerulonephritis, häufig mit Schädigung der Lungenbläschen – auf diese zwei Organe konzentrieren. Anti-GBM-Antikörper sind in mehr als 90% der Goodpasture-Patienten mit Lungenbeteiligung und in etwa 60% der Patienten ohne Lungenschädigung nachweisbar. In der Immunfluoreszenz sind Anti-GBM-Antikörper besonders gut auf Gewebeschnitten der Niere (Primat) erkennbar, für monospezifische Tests wie ELISA wird idealerweise die aufgereinigte NC1-Domäne des Kollagens als Substrat verwendet.

Etwa ein Viertel der Patienten mit Anti-GBM-Antikörper entwickelt zusätzlich Antikörper gegen cytoplasmatische Komponenten neutrophiler Granulocyten (Anti-neutrophile cytoplasmatische Antikörper, ANCA), weshalb angeraten wird, Patienten mit Nierenschäden parallel auf Anti-GBM-Antikörper und ANCA zu untersuchen.

Glomerulonephritis und Nierenversagen bei ANCA-assoziierter Vaskulitis

ANCA sind charakteristisch für eine Klasse der Vaskulitiden, die sich als Entzündung kleinerer bis mittlerer Blutgefäße äußern. Häufig sind die Nieren von den systemischen Erkrankungen betroffen, die bis zum akuten Versagen der Organe führen können. Insbesondere in der Anfangsphase sind die Symptome der Vaskulitiden jedoch unspezifisch, weshalb die serologische Bestimmung der ANCA von großer Bedeutung für die Identifizierung und Differenzierung der einzelnen Krankheiten ist.

Die wichtigsten Zielantigene der ANCA sind die Proteinase 3 (PR3) und die Myeloperoxidase (MPO): PR3-ANCA sind sensitive und spezifische Marker der Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, Wegener-Granulomatose), während MPO-ANCA häufig bei Mikroskopischer Polyarteriitis und Eosinophiler Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Churg-Strauss-Syndrom) gefunden werden. Ein internationales Konsensus-Statement empfiehlt, Patienten mit Verdacht auf Vaskulitis zunächst mithilfe eines Immunfluoreszenztests auf Basis Ethanol-fixierter Granulocyten zu untersuchen und positive Befunde durch monospezifische PR3-/MPO-ANCA-Assays zu bestätigen. EUROPLUS Granulocyten BIOCHIP Mosaike kombinieren verschiedene Granulocyten-Substrate (Ethanolfixierung, Formalinfixierung, Granulocyten + HEp-2 Zellen) mit aufgereinigten PR3- und MPO-Microdots in einem Testfeld und ermöglichen ANCA-Screening und –Bestätigung in einer Inkubation. Gleichzeitig können über die Antikörper-Reaktivitäten auf HEp-2-Zellen mögliche Interferenzen durch Anti-nukleäre Antikörper (ANA) untersucht werden.

Unter den monospezifischen Assays zeigt der Anti-PR3-hn-hr ELISA eine besonders hohe Sensitivität von 95% bei 99%iger Spezifität für den Nachweis der PR3-ANCA. Als Substrat dient eine Mischung aus humaner, nativer (hn) PR3 und einem humanen, rekombinanten (hr) Designer-PR3-Antigen, das sich aus den modifizierten N- und C-Termini und dem inaktivierten enzymatischen Zentrum des Proteins zusammensetzt. Gegenüber konventionellen ELISA mit ausschließlich nativem PR3 zeigt sich der Anti-PR3-hn-hr ELISA bei gleicher Spezifität dadurch deutlich sensitiver.

Antikörper gegen DNA und Nukleosomen bei Lupus Nephritis

Als Lupus Nephritis wird eine Entzündung der Niere im Zuge einer SLE-Erkrankung bezeichnet, die in weit mehr als der Hälfte der Patienten auftritt. Den ersten identifizierten Biomarker für SLE mit renaler Beteiligung stellen Antikörper gegen Nukleosomen (ANuA) dar, eine Verpackungseinheit des eukaryotischen Chromatins bestehend aus einem Proteinkern (Histone) und doppelsträngiger (ds)DNA. Zeigten die ANuA-Testsysteme der ersten Generation starke Kreuzreaktionen mit Seren von Systemsklerose-Patienten (Spezifität ca. 52%), erreicht der ANuA-ELISA der zweiten Generation durch ein innovatives Verfahren der Nukleosomen-Aufreinigung eine Spezifität von 100% gegenüber Blutspendern und Patienten mit progressiver Systemsklerose. Besonders unter den schweren Fällen der Lupus Nephritis (Notwendigkeit einer Organtransplantation) sind ANuA mit einer Prävalenz von fast 80% sehr häufig zu finden.

Antikörper gegen dsDNA können in 60-90% der SLE-Patienten nachgewiesen werden und sind ein wichtiger Marker der SLE-Diagnostik. Das neuartige ELISA-System Anti-dsDNA-NcX ELISA nutzt gereinigte Mononukleosomen zur Immobilisierung der DNA auf der Mikrotiterplatte. Durch die annährend natürliche Konfiguration der DNA im Anti-dsDNA-NcX ELISA sind die relevanten Epitope besonders zugänglich für die Autoantikörper, was zu einer deutlichen Steigerung der Sensitivität (ca. 67%, bei 98% Spezifität) gegenüber konventionellen Anti-dsDNA-ELISA (ca. 42%, bei 98% Spezifität) geführt hat. Durch die neue Testgeneration können Anti-dsDNA-Antikörper in einem bedeutend größeren Anteil der Patientenproben nachgewiesen werden und die Erstellung einer Diagnose unterstützen.

Mastroianni-Kirztajn et al., Front Immunol 2015, 6: 221.

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