Leuchttürme der Dermatologie

Gastbeitrag:

Elfter Beitrag der Artikelreihe: Moderne Mykologie in der Dermatologie

von Herrn Prof. Hans-Jürgen Tietz, Leiter des Instituts für Pilzkrankheiten, Berlin

Die Einführung der PCR-Diagnostik in die mykologische Diagnostik war eine Revolution, bei aller Liebe zu den an Ästhetik kaum zu übertreffenden Pilzkulturen, für die auch mein Herz weiterhin schlägt. Noch mehr haben mich jedoch in den letzten Jahren die Möglichkeiten der genbasierten Pilzdiagnostik beeindruckt und überzeugt, in Diagnostik und Therapie.

Ein aktuelles Beispiel:

Abb. 1a: Dreijähriger Junge mit Tinea corporis
Abb. 1b: Ergebnis des EUROArray Dermatomycosis, T. benhamiae

3-jähriger Junge mit Tinea corporis nach Kauf von drei Meerschweinchen; Vorstellung aufgrund fortschreitender Generalisierung unter Lokaltherapie (Abb. 1a), Materialentnahme mit Hilfe eines DNA- freien Bürsten-Entnahmebestecks, Ergebnis der PCR-Diagnostik keine 48 Stunden später: T. benhamiae (Abb. 1b), sofortiger Beginn einer zusätzlichen systemischen Therapie mit SUBA-Itraconazol, 50mg, in Bananenbrei vermischt.

Schneller und präziser geht es heute in keiner Disziplin der Infektiologie. Hier hat sich die Mykologie radikal gewandelt. Sie ist auf Augenhöhe mit der Virologie, mit dem Unterschied, dass man jede Infektion heilen kann.

In einem ähnlichen Fall bin ich vor 3 Jahren vom Saulus zum Paulus geworden und habe mit meinen Kolleginnen im Praxislabor die PCR-Diagnostik bei den Mykosen eingeführt, ohne dabei die kulturelle Diagnostik aufzugeben. Inzwischen haben sich dem einige Hundert niedergelassene Ärztinnen und Ärzte angeschlossen, nicht wenige in Pionierarbeit bereits davor. Doch wie ist es damit an den dermatologischen Kliniken bestellt, angesichts einer ganzen Armada neuer Pilzerreger aus aller Welt:

T. benhamiae aus Japan, T. mentagrophytes Typ VII aus Thailand, T. mentagrophytes Typ VIII (neu: T. indotineae), eine gegenüber Terbinafin hochresistente neue Spezies aus Indien (1), T. erinacei, M. audouinii, T. violaceum, T. soudanense, T. tonsurans oder T. schoenleinii, die oft aus Afrika zu uns kamen, oder T. quinckeanum, ein immer mehr aufkommender Erreger aus einheimischen Gefilden.

Auf dem Hof der Dermatologischen Klinik der Charité, an der einst der Erreger der Syphilis, ebenso T. interdigitale, A. gertleri und C. africana entdeckt wurden, steht ein heute weltweit berühmtes Institut für Virologie. An der übergeordneten Humboldt Universität tummeln sich in Sachen COVID-19 Mediziner, Modellierer, Epidemiologen und geben sich bei Markus Lanz die Klinke in die Hand. Wie steht es dort um die Mykologie? Die Hautklinik hat längst die Pilz-PCR etabliert. Ihr stünde auch ein Lehrstuhl für Infektionskrankheiten mit Schwerpunkt Mykologie zu. An vielen anderen dermatologischen Kliniken gibt es jedoch gar kein Pilzlabor mehr oder es ist in die Mikrobiologie abgewandert.

Unsere Kliniken sind Leuchttürme des Fachgebiets. Hier wird auch der Mykologen-Nachwuchs ausgebildet. Gottlob ist die Mykologie als unveräußerlicher Grundbaustein der Dermatologie weiterhin felsenfest in der Weiterbildungsordnung verankert. Daher muss gelten: Keine Hautklinik ohne Pilzlabor. Keine Uniklinik ohne PCR, ein absolutes Muss, zum Wohle der Patienten und des verbrieften Weiterbildungsrechts, was auch eine Pflicht ist, solange es existiert.

Ausblick: Pilzlabore und die PCR gehören an jede Klinik. Sie sollten ins Budget eingepreist werden. Das haben viele Praxislabore bereits geschafft und sind von den neuen Möglichkeiten der Diagnostik begeistert. Die Kliniken müssten hier nachziehen. Es gibt also viel zu tun. In diesem Sinne, auf ein erfolgreiches Schaffen im neuen Jahr.

Ihr Hans-Jürgen Tietz

 

Die Artikel in der Rubrik „Gastbeiträge“ geben die Meinung ihrer Autoren wieder. Die inhaltliche und rechtliche Verantwortung liegt allein bei den Autoren. EUROIMMUN übernimmt weder eine Garantie für die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben, noch für deren Aktualität.

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