Weihnachtszeit ist Plätzchenzeit. Aber leider kann nicht jeder Vanillekipferl und Zimtsterne unbeschwert genießen. Viele Getreidesorten wie Weizen, Roggen oder Dinkel enthalten das Klebereiweiß Gluten. Dieses Eiweißgemisch enthält vor allem Gliadin, welches im Darm nur teilweise verdaut wird. Es entstehen kleinere Eiweißstrukturen, sogenannte Oligopeptide, welche in das darunterliegende Bindegewebe gelangen und dort von dem Enzym Gewebstransglutaminase (tTG) gebunden und modifiziert (desamidiert) werden. Der entstehende Komplex aus tTG und Gliadin-Oligopeptid kann bei Menschen mit einer genetischen Veranlagung eine Immunreaktion mit Bildung von Antikörpern auslösen. Diese immunologische Überreaktion führt zur Entzündung des Dünndarmepithels mit entsprechenden Beschwerden. Schreitet die Schädigung fort, so kann die Darmschleimhaut nicht mehr genügend Nährstoffe aus der Nahrung aufnehmen (Malabsorption), wodurch es zu einem Mangel an wichtigen Vitaminen und Mineralien kommt.
Glutenunverträglichkeit, bekannt als Zöliakie, ist eine chronische Autoimmunerkrankung, die nicht geheilt werden kann. Mit einer strikt glutenfreien Ernährung kann allerdings ein Abklingen der Immunreaktion und eine Verringerung der Antikörper-Spiegel erreicht werden.
Die Krankheit hat ein sehr vielfältiges Erscheinungsbild. Das klassische Vollbild zeigt sich oft schon sehr früh. Bereits mit der ersten glutenhaltigen Babynahrung können die typischen Beschwerden wie chronische Diarrhoe, Erbrechen und abdominale Schmerzen und Krämpfe auftreten. Aufgrund der Malabsorption kommt es zu Gewichtsverlust, Anämie, Minderwuchs und verspäteter Pubertät. Die Krankheit kann sich aber auch erst später, im Erwachsenenalter, mit sehr untypischen Symptomen wie z. B. Verstopfung, Osteoporose, Gelenkbeschwerden, Depression, Fehlgeburten oder als Sonderform der Zöliakie, der Dermatitis herpetiformis Duhring, einer chronischen Erkrankung der Haut, manifestieren.
Zöliakie sollte also nicht frühzeitig ausgeschlossen werden, nur weil vermeintlich typische Symptome wie Durchfall oder Gewichtsabnahme nicht vorhanden sind. So können beispielsweise auch übergewichtige und adipöse Patienten an Zöliakie leiden. Die beschriebene Symptomvielfalt macht die Zöliakie zum „Chamäleon der Gastroenterologie“. Dabei ist sie mit einer Prävalenz von 1% nicht unbedingt selten. Es wird zudem eine sehr hohe Dunkelziffer vermutet, da oft weder Patient noch Arzt an eine Glutenunverträglichkeit denken. Nach Empfehlung der ESPGHAN (European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and Nutrition) sollte eine Zöliakie auch bei unspezifischen sowie nicht-gastroenterologischen Symptomen häufiger als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden.
Differenzialdiagnostisch gewinnt die Serologie zunehmend an Bedeutung gegenüber der Darmbiopsie, mit der eine mögliche Darmschleimhautschädigung festgestellt werden kann. So wird die Untersuchung auf Zöliakie-spezifische Antikörper bei symptomatischen Patienten jeden Alters empfohlen. Höchste Priorität hat hierbei der Nachweis von Anti-tTG-Antikörpern der Immunglobulinklasse IgA. Diese Autoantikörper sind spezifisch für die Erkrankung und kommen weder bei Gesunden noch bei Patienten mit anderen Erkrankungen vor. Zeigen sich hier stark erhöhte Werte (Titer mit mindestens dem Zehnfachen des Normalbereiches ≥ 10x ULN), wird zur Bestätigung ein indirekter Immunfluoreszenz (IIFT)-Test mit einer neuen Blutprobe durchgeführt. Im IIFT werden die Anti-tTG-Antikörper als EmA (Antikörper gegen Endomysium) bezeichnet, da sie mit der Bindegewebeschicht Endomysium reagieren. Ist auch der EmA-Nachweis positiv, kann die Diagnose Zöliakie ohne zusätzliche Biopsie gestellt werden. Da Patienten mit einer Zöliakie überdurchschnittlich häufig an einem IgA-Mangelsyndrom leiden, wird parallel die Bestimmung des Gesamt-IgAs empfohlen. Bei niedrigen Gesamt-IgA-Titern sowie niedrigen oder negativen Anti-tTG-IgA-Titern bleibt die Biopsie für die Diagnostik notwendig und sollte dann durch weitere serologische Tests wie IgG-Antikörper gegen desamidiertes Gliadinpeptid (DGP), tTG oder EmA ergänzt werden.
Zöliakie-spezifische Antikörper lassen sich mit verschiedenen Methoden bestimmen. Bei den Anti-Gewebs-Transglutaminase-ELISA (IgA, IgG) von EUROIMMUN handelt es sich um monospezifische Tests mit hoher Spezifität und Sensitivität, die für eine vollautomatische Abarbeitung vieler Analysen ideal geeignet sind. Der IIFT-Nachweis von EmA hat sich aufgrund seiner hervorragenden Sensitivität und Spezifität besonders zur Bestätigung eines positiven Anti-tTG-IgA-Befundes bewährt. Hierbei werden vor allem Leber oder Ösophagus als Substrate eingesetzt; sie sind in Bezug auf Sensitivität und Spezifität gleichwertig. Die Bestimmung von Antikörpern gegen desamidiertes Gliadinpeptid (DGP) spielt zunehmend auch in der Zöliakie-Diagnostik eine Rolle. Die Entwicklung eines neuartigen rekombinanten Gliadin-analogen Fusionspeptid (GAF-3X), welches nur die diagnostisch relevanten Epitope des Gliadinmoleküls enthält, hat die Spezifität und Sensitivität dieses Tests erhöht. Der Nachweis von IgG-Antikörpern gegen DGP ist besonders für das IgA-Mangelsyndrom relevant, welches häufig mit Zöliakie assoziiert ist. Durch Kombination der Bestimmung von Anti-tTG-IgA- und Anti-DGP-IgG-Antikörpern kann die serologische Nachweisrate für Zöliakie wesentlich erhöht werden. Der Immunoblot EUROLINE Zöliakie-Profil ermöglicht als Multiplexanalyse den simultanen Nachweis beider Antikörper. Mit dem EUROLINE Autoimmune Gastrointestinalerkrankungen können neben diesen beiden Parametern zusätzlich weitere bedeutende Antikörper für die Differentialdiagnostik autoimmuner Gastrointestinalerkrankungen bestimmt werden.
Auch die Bestimmung der genetischen Veranlagung kann für die Diagnostik herangezogen werden. Zwar wird die Untersuchung auf das Vorliegen der beiden Erbmerkmale HLA-DQ2 und HLA-DQ8 von der ESPGHAN nicht zwingend empfohlen, sie kann jedoch in bestimmten Fällen wertvolle Hinweise liefern, so beispielsweise bei Patienten mit einer familiären Vorgeschichte. Da aber etwa ein Drittel der gesunden Bevölkerung die HLA-DQ2/HLA-DQ8-Allele besitzt, erlaubt der Nachweis allein noch nicht die Diagnose einer Zöliakie. Er eignet sich aber für die Ausschlussdiagnostik, da das Fehlen dieser Allele eine Zöliakie sehr unwahrscheinlich macht. Mit dem Microarray-Testsystem EUROArray HLA-DQ2/DQ8-h Direct von EUROIMMUN ist die Analyse einfach, ohne molekularbiologische Vorkenntnisse durchführbar und kann vollständig automatisiert ausgewertet werden.
Wurde nun Zöliakie diagnostiziert, betrifft das natürlich nicht nur die geliebten Weihnachtsplätzchen. Eine strikt glutenfreie Ernährung ist die einzige verlässliche Option, um das Immungeschehen einzudämmen und eine andauernde Schädigung des Darmepithels zu verhindern. Die Regeneration der Mukosa kann bei strikter Einhaltung einer glutenfreien Diät unter Umständen mehrere Jahre andauern, wobei sich die Konzentration der Autoantikörper in den meisten Fällen bereits innerhalb weniger Monate reduziert. Ein kürzlich veröffentlichtes Schreiben der ESPGHAN enthält Empfehlungen für Nachfolgeuntersuchungen von Zöliakiepatienten und die Überprüfung der glutenfreien Diät. Als erste Nachfolgeuntersuchung sollte nach 3-6 Monaten die Messung von Anti-tTG-IgA-Antikörpern erfolgen. Bei IgA-Mangel werden entsprechend IgG-Assays auf Anti-DGP, Anti-tTG oder EmA empfohlen. Bei Einhaltung der Diät zeigt sich hier in der Regel eine Normalisierung der Autoantikörpertiter (<1x ULN normalisiert) und weitere Nachfolgeuntersuchungen dürfen dann auch in größeren zeitlichen Abständen (12-24 Monate) erfolgen. Wichtig für die Vergleichbarkeit der Titer ist die Verwendung der gleichen Testsysteme für diese Nachfolgeuntersuchungen, um eventuellen Diskrepanzen zwischen verschiedenen Assays vorzubeugen.
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